Schriftsteller erzählen die Bayerische Revolution und die Münchner Räterepublik 1918/19.
Die Bayern waren die ersten. Zwei Tage, bevor im Reich der Kaiser abdankte, jagten sie ihren König davon und gaben sich eine demokratische Verfassung. Der Freistaat Bayern war geboren, mit dem Sozialisten Kurt Eisner als neuem Ministerpräsidenten.
Die Revolution war ein gigantisches Experiment. 175 Tage dauerte es und machte immer radikalere Phasen durch, bis am 1. Mai 1919 so genannte weiße Truppen, aus Berlin entsandt, in Bayern einmarschierten. Das blutige Ende – es gab über 1000 Tote – erlebte Eisner nicht mehr mit. Bereits im Februar war der Ministerpräsident dem Attentat eines Rechtsextremen zum Opfer gefallen.
Im weiteren Verlauf hatte Bayern plötzlich zwei Regierungen: Eisners Nachfolger Johannes Hoffmann begab sich samt Parlament ins Exil nach Bamberg, während in München die Räte herrschten. Statt der Eliten ergriffen in der Hauptstadt politische Amateure die Initiative. Bald jedoch wurden sie von den Kommunisten verdrängt, die Bayern kurzzeitig in eine Sowjetrepublik verwandelten.
Zahlreiche bekannte Schriftsteller lebten damals in München. Ernst Toller, Gustav Landauer und Erich Mühsam waren sogar an der Regierung beteiligt. Richtige Macht übten sie nie aus. Rainer Maria Rilke, ein Anhänger Eisners, begeisterte sich vor allem in der Anfangsphase für die Ziele der Revolution. Als ihre friedliche Phase zu Ende war, wollte er nur noch weg aus München. Heinrich Mann wirkte aktiv mit und gründete den Politischen Rat geistiger Arbeiter. Sein Bruder Thomas schwankte zwischen Abscheu und Zuneigung und ließ sich zu manch radikaler Äußerung hinreißen. Oskar Maria Graf war bereits am 7. November bei der Demonstration auf der Theresienwiese und dem anschließenden Umsturz in München dabei. Lion Feuchtwanger wurde zum Chronisten der Revolution: In seinen im Winter 1918/19 entstandenen Roman Thomas Wendt baute er die laufenden Ereignisse ein.
Ralf Höller, Das Wintermärchen
Edition Tiamat, Berlin 2017. ISBN: 978-3-89320-221-8